Gibt es einen Zusammenhang zwischen Jodmangel und Brustkrebs? Hierzulande kaum bekannte Studien weisen auf einen Zusammenhang hin. Dass Jodmangel neben Schilddrüsenunterfunktion (inklusive Hashimoto thyreoiditis) auch Brutskrebs verursachen kann, davon ist zumindest der Autor des bisher nur in Englisch erschienenen Buches „Iodine – why you need it – why you can´t live without it“, fest überzeugt. Dr. David Brownstein hat das Jod-Thema in den 0´er Jahren intensiv erforscht und zusammen mit seinen Kollegen tausende Patienten offenbar erfolgreich behandelt.
Hypothyreose bei Frauen sehr viel häufiger
Die meisten der Patienten die er behandelt hat, litten zwar nicht an Brustkrebs sondern an Schilddrüsenerkrankungen. Vor allem die autoimmune Form der Schilddrüsenunterfunktion – die Hashimoto thyreoiditis – tritt bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern (etwa 2 bis 5 Mal so oft).
Auch vom sogenannten Jodmangel-Kropf sind meistens Frauen betroffen. Meine eigene Mutter bekam ihre Schilddrüse aufgrund einer Struma entfernt, nachdem sie drei Kinder zur Welt gebracht hatte. Da ich es von ihr kenne, achte ich bei Frauen seither immer darauf, ob sie eine kleine Narbe am Hals unterhalb des Kehlkopfes tragen, die gerne mit einer Kette verdeckt wird.
Während ich diese Narbe gefühlt bei 3 von 10 Frauen entdecke, habe ich in meinem Leben nur wenige Männer gesehen, die dieses Zeichen aufweisen. Interessanterweise haben viele Frauen deren Schilddrüse entfernt werden musste, bereits eine oder mehrere Schwangerschaften hinter sich. Was passiert mit dem weiblichen Stoffwechsel während der Schwangerschaft und wie unterscheidet er sich von dem Männlichen? Als allererstes fallen einem die weiblichen Geschlechtshormone ein, die zyklusabhängig stark schwanken und insbesondere in der Schwangerschaft einen nie dagewesenen Hormoncocktail produzieren.
Bemerkenswert ist hier der Zusammenhang zwischen einem Progesteronmangel – den übrigens auch schon viele jüngere Frauen haben – und einer latenten Schilddrüsenunterfunktion (Akande, 1975). Zur Erinnerung: Progesteron (auch Gelbkörperhormon genannt) ist das sogenannte Schwangerschaftshormon. Aber auch bei Männern gibt es eine Beziehung zwischen den Schilddrüsenhormonen und Testosteron. Bei Männern, die eine Hypothyreose haben, sinkt auch der Testosteronlevel (Kumar, 2007).
Frauen haben Brüste, Männer nicht / Brustdrüsen brauchen Jod
Dass Frauen Brüste haben und Männer (normalerweise) nicht, ist nun nichts Neues. Dass Brüste neben ihrem sexuellen Reiz dafür da sind Milch für den Säugling zu produzieren, ist auch jedem Drittklässler bekannt. Dass die Brustdrüsen für ihre Funktion Jod benötigen, wissen allerdings selbst die meisten promovierten Mediziner nicht. Dabei reichert sich in den weiblichen Brustdrüsen sogar mehr Jod an als in der Schilddrüse (Aceves, 2005). Dass die Brustdrüsen während der Stillzeit ein Vielfaches leisten müssen, versteht sich von selbst. Laut Dr. Brownstein ist genau das der Grund, warum Frauen generell und besonders nach der Geburt häufig in eine Schilddrüsenunterfunktion geraten. Denn das wenige Jod, das über die tägliche Nahrung zugeführt wird, reicht kaum für die Schilddrüse aus. Wird nun vermehrt Jod für die Brustdrüsen gebraucht, sind die Depots zur Bildung von Schilddrüsenhormonen schnell erschöpft und es kommt zur Unterfunktion der Drüse (Hypothyreose).
Jodmangel erhöht Risiko für gutartige und bösartige Brusttumoren
In asiatischen Ländern wie Südkorea und Japan werden traditionell viele Lebensmittel aus Algen verzehrt. Zum Beispiel Wakame in Misosuppen, Algensalat und Noriblätter zum Einwickeln von Sushi. Dadurch nehmen JapanerInnen am Tag durchschnittlich 5 mg (5000 µg) Jod zu sich, während EuropäerInnen gerade mal auf rund 150-200 µg (Mikrogramm) kommen (Aceves, 2005). Diese 200 µg entsprechen der empfohlenen Jodzufuhr hierzulande (gemäß der deutschen Gesellschaft für Ernährung.) Damit liegt die tägliche Jodzufuhr in Asien um das 20-fache (!) über der in Europa und den USA.
Brustkrebs ist bei Frauen die häufigste bösartige Erkrankung in Europa und den USA. In Asien und Afrika tritt er dagegen deutlich seltener auf (Aceves, 2005).
In ihrer Studie „Is Iodine A Gatekeeper of the Integrity of the Mammary Gland?“ (zu deutsch etwa: Ist Jod ein Wächter für die Unversehrtheit der Brustdrüse?) kommen Aceves und Co. zu dem Schluss, das Jod als Antioxidans Lipide, Proteine und die DNS schützt und so die Zellen stabilisiert. Zudem soll es durch die Formierung von Jodlactonen antiproliferative und apoptotische Effekte haben. Sie schlagen eine Jodeinnahme als ergänzende Maßnahme bei Brustkrebstherapien vor (Aceves, 2005).
Erhöhen Fluor und Brom das Brustkrebsrisiko?
Diese Frage stellt Dr. Brownstein in seinem Buch „Iodine – why you need it – why you can´t live without it“ (zu deutsch: Jod – warum du es brauchst – warum du nicht ohne leben kannst) (Brownstein, 2009).
Wenn man einen Blick in das Periodensystem der Elemente wirft, dann sieht man, dass es sich sowohl bei Jod als auch bei Fluor und Brom um Halogene handelt. Sie gehören damit alle drei zur 7. Hauptgruppe. Brownstein stellte nun fest, dass wenn er seinen Patienten höhere Dosen von Jod verabreichte, dass sich die Ausscheidung von Fluor und Brom über den Urin entsprechend steigerte. Er ist der Meinung, dass die zunehmende Umweltbelastung mit Fluor und Brom zur Verdrängung des lebenswichtigen Jod aus der Schilddrüse und anderen Organen durch die beiden giftigen Halogene führt. Dadurch erhöhe sich das Risiko für Erkrankungen der Schilddrüse (vor allem Hypothyreose) aber auch das für Brusttumoren. In den USA wird beispielsweise das Trinkwasser in vielen Gegenden fluoridiert und Brom findet sich in Backwaren wieder. Auch in Deutschland findet sich Fluor unter anderem in Zahnpasta und in manchem Speisesalz.
Brownstein führte eine Beobachtungsstudie in seiner Praxis durch und verglich dabei die Ausscheidung von Jod, Brom und Fluor bei insgesamt 18 Frauen. 8 von ihnen hatten Brustkrebs, die anderen nicht. Er fand niedrige Jod-Werte bei allen Frauen, was angesichts des epidemischen Ausmaßes von Jodmangel nicht überraschend gewesen sei. Er verabreichte allen Frauen 30 Tage lang je 50 mg einer Jod/Jodid-Mischung (in einem Verhältnis entsprechend der Lugol´schen Lösung). Alle Frauen schieden neben Jod vermehrt Brom und Fluor über den Urin aus, was zeigt dass Jod zur Ausscheidung/ Entgiftung von Fluor und Brom beiträgt. Bei den Frauen mit Brustkrebs fand er jedoch eine deutlich erhöhte Ausscheidung der toxischen Halogene Brom und Fluor (Brownstein, 2009).
Das legt den Schluss nahe, dass Brom und Fluor direkt oder indirekt (durch die Verdrängung von Jod aus seinen Bindungsstellen) an der Entstehung von Brustkrebs beteiligt sein können.
Lugol´sche Lösung und Jod-Hochdosistherapie
In seinem Buch beschreibt Brownstein auch detailliert die Anwendung der Jod-Hochdosistherapie, die im Wesentlichen auf den französischen Arzt Jean Lugol zurückgeht, der im Jahr 1829 die sogenannte Lugol´sche Lösung erfunden hat. Diese besteht zu 10% aus Kaliumjodid, zu 5% aus Jod und 85% destilliertem Wasser. Ein Tropfen dieser Lösung enthält etwa 6 mg Jod. Lugol gab seinen Patienten 2 Tropfen (12,5 mg) täglich zur Behandlung von vergrößerten Schilddrüsen und verschiedenen Infektionen.
Brownstein gibt seinen Patienten bis zu 50 mg dieser Lösung täglich und behandelt damit offenbar erfolgreich unterschiedliche Erkrankungen der Schilddrüse, aber auch Brusttumoren, Fibromyalgie und einiges mehr. Dass dieses Vorgehen umstritten ist versteht sich von selbst, wenn man sich vor Augen führt, dass 50 mg das 250-fache der allgemein empfohlenen Tagesdosis von 200 µg sind.
Ist Jod das neue Wundermittel?
Ich muss zugeben, dass ich versucht war genau das zu glauben, nachdem ich Brownsteins Buch gelesen hatte. Genauer gesagt, ich habe es verschlungen. Nachdem das Jahr 2015 für mich das Jahr des Vitamin-D war, könnte 2016 die Renaissance des Jod einläuten.
Während das Sonnenvitamin D in allen möglichen Online-Foren, auf Blogs, Medienseiten und manchen Fernsehmorgenmagazinen im letzten Jahr omnipräsent war, so geistert Jod wie ein kaum sichtbares Gespenst durch das Bewusstsein der Massen. Irgendwie weiß jeder, dass Speisesalz jodiert wird, weil Deutschland angeblich ein Jodmangelgebiet ist und Jod die Bildung eines Kropfes (medizinisch: Struma) verhindert.
Gerade unter Naturheilkundlern und in der Öko-/Bioszene war Jod sogar verpönt in den letzten Jahren. Hersteller von Biosalz werben damit, ihr Salz nicht mit Jod anzureichern. Andere berufen sich auf das Buch die „Jod-Lüge“ und sprechen von dem „Gift aus dem Supermarkt“. Frei nach dem Motto, wenn es uns die Lebensmittelindustrie einfach so ins Salz mischt und auch die Schulmedizin das gut findet, dann muss es ja böse sein.
Mir ist bisher nur ein Buch in deutscher Sprache bekannt, dass Jod als „ein uraltes Heilmittel“ welches „Ihr Leben retten kann“ betrachtet. In „Die Jodkrise“ von der Amerikanerin Lynne Farrow wird ähnlich begeistert wie in Brownsteins Buch über Heilerfolge mit der Jod-Hochdosistherapie berichtet.
Diesen Sommer (2016) soll das erste Buch von einem deutschen Autorenpaar über die Anwendung von Jod als Heilmittel erscheinen. Es trägt den Titel “Jod – Schlüssel zur Gesundheit”. Die Heilpraktiker Kyra Hoffmann und Sascha Kauffmann haben es geschrieben und eine baldige Veröffentlichung angekündigt.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich empfehlen, die erwähnten Bücher zum Thema Jod zu lesen und sich in die Hände eines erfahrenen Therapeuten zu begeben (ob Arzt oder Heilpraktiker), der sich mit orthomolekularer Medizin auskennt, und nicht auf eigene Faust mit Jod zu experimentieren.
Gerade Menschen mit einer (entzündlichen) Schilddrüsenunterfunktion – Hashimoto thyreoiditis – dürften sich von dem Jod-Thema angesprochen fühlen. Hier sei erwähnt, dass andere Größen auf dem Gebiet der ganzheitlichen Therapie von Hashimoto gerade von Jod abraten, da dieses die Entzündungen in der Schilddrüse noch anfachen könne.
Fazit: Jod hat vermutlich das Potential zu einem großen Heilmittel. Ein Wundermittel ist es dennoch nicht. Und wo eine Wirkung ist, da gibt es auch eine Nebenwirkung. Von Selbstversuchen ist daher abzuraten. Allerdings kann ich wärmsten empfehlen, sich tiefergehend mit dem Thema Jod zu befassen. Denn offenbar ist es ein unterschätztes Spurenelement, dessen Wirkung auf unseren Körper noch kaum bekannt ist.
Quellen:
Aceves et al: Is Iodine a gatekeeper of the integrity of the mammary gland? Journal of Mammary Gland Biology and Neoplasia. April 2005, Volume 10, Issue 2, pp 189-196 http://www.bbminaqua.com/wp-content/uploads/2015/03/is-iodine-a-gatekeeper-of-the-integrity-of-the-mammary-gland-pdf.pdf
Akande: Plasma concentration of gonadotrophins, oestrogen and progesterone in hypothyroid women. Br J Obstet Gynaecol. 1975 Jul;82(7):552-6. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1148139
Brownstein: Iodine – why you need it – why you can´t live without it. Medical alternatives press, 4th edition 2009
Eskin et al: Different tissue responses for iodine and iodide in rat thyroid and mammary glands. Biol Trace Elem Res. 1995 Jul;49(1):9-19. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7577324
Farrow: Die Jod-Krise. Wie das neue Wissen über ein uraltes Heilmittel Ihr Leben retten kann. MobiWell Vlg. 2015
Kharrazian: Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto anders behandeln. Wenn Sie sich trotz normaler Blutwerte schlecht fühlen. VAK Vlg. 2014
Kumar et al: Secretion of testicular steroids and gonadotrophins in hypothyroidism. Andrologia. 2007 Dec;39(6):253-60. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18076426
Soriano et al: Antineoplastic effect of iodine and iodide in dimethylbenz[a]anthracene-induced mammary tumors: association between lactoperoxidase and estrogen-adduct production. Endocr Relat Cancer. 2011 Jul 25;18(4):529-39. doi: 10.1530/ERC-11-0065. Print 2011 Aug. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21690268