Viele Aknepatienten bekommen „hochdosiertes Vitamin A“ von ihrem Hautarzt verordnet. Was sich erst mal nach einer natürlichen Therapie mit Vitaminen anhört, ist in Wirklichkeit eine medikamentöse Behandlung mit zum Teil massiven Nebenwirkungen. Die sogenannte 13-cis-Retinsäure Isotretinoin ist ein Vitamin A-Abkömmling, der im Körper in vergleichsweise geringen Mengen aus Retinol gebildet wird. Retinol – die natürliche Form von Vitamin A – ist im Gegensatz zu Isotretinoin vergleichsweise harmlos und deshalb auch frei verkäuflich.
Vitamin A
Mit der Nahrung werden Retinylpalmitat und Retinol aus tierischen Lebensmitteln und Carotinoide aus pflanzlicher Nahrung aufgenommen. Letztere sind Provitamine und müssen im Körper noch in das aktive Retinal umgewandelt werden. Daher ist eine Überdosierung mit Carotinoiden praktisch unmöglich. Retinsäuren stellen eine Untergruppe der Retinoide dar. Retinoide sind dem Vitamin A in seiner chemischen Struktur und biologischen Aktivität ähnlich. Retinsäuren kommen in geringen Mengen im natürlichen Vitamin A-Stoffwechsel vor. Sie werden im Körper aus Retinol gebildet. Dabei haben sie wichtige Aufgaben. So steuern sie die Zelldifferenzierung und regulieren den Fettstoffwechsel.
Aufgrund ihrer zelldifferenzierenden Eigenschaften wurden aus Retinsäuren Arzneistoffe hergestellt. So wird Tretinoin (all-trans-Retinsäure) zur Behandlung einer seltenen Form der akuten myeloischen Leukämie (akute Promyelozytenleukämie) eingesetzt. Hier überwiegt der Nutzen eindeutig die Nebenwirkungen. Weitaus häufiger wird jedoch Isotretinoin (13-cis-Retinsäure) zur Behandlung verschrieben. Es kann bei Akne helfen, indem es die Bildung neuer Epithelzellen der Haut reguliert. Dabei werden zum Teil schwere Nebenwirkungen in Kauf genommen
Was bewirkt Vitamin A
Vitamin A reguliert die Zellteilung und ist wichtig für Bildung und Funktion von Haut und Schleimhäute. Es ist beteiligt an der Eiweißsynthese und dem Fettstoffwechsel. Als Retinal ist es Bestandteil des Sehpurpurs Rhodopsin und somit unentbehrlich für die gesunde Funktion der Stäbchen-Zellen der Netzhaut des Auges. Bei Vitamin A-Mangel kommt es zur Nachtblindheit. Als Antioxidans schützt es die Haut vor UV-Strahlen und die Schleimhäute im Atemtrakt vor Erkältungsviren. Als Retinsäure ist wichtig zur Entwicklung der Nervenzellen. Retinol ist beteiligt an der Bildung der Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen und wichtig für die gesunde Spermienbildung und Eizellreifung.
Die langfristige Einnahme von bis zu 20.000 i.E. (6 mg) Retinol am Tag hat sich als sicher und förderlich für die Gesundheit erwiesen. Durch die Supplementierung von Retinol steigt auch die Versorgung mit den wichtigen Retinsäuren, die der Körper aus Retinol selbst herstellt. In der Akne-Therapie werden sehr hohe Dosierungen von 20-60 mg 13-cis-Retinsäure pro Tag zur oralen Einnahme verabreicht. Bei leichter bis mittelschwerer Akne wird eine 0,05 %ige Retinsäure zum Auftragen auf die Haut verordnet. Hier beschränken sich Wirkung und Nebenwirkung im Wesentlichen auf die Haut.
Isotretinoin schädigt die Darmschleimhaut
Als Folge einer Behandlung mit oraler Einnahme hochdosierter 13-cis-Retinsäure kann es zur Schädigung der Darmschleimhaut mit darauf folgenden chronischen Verdauungsbeschwerden kommen. Diese reichen vom Reizdarm über multiple Nahrungsunverträglichkeiten bis hin zu Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
Darmbeschwerden, die mit Blutungen einhergehen, können während einer Behandlung mit Isotretinoin auftreten, machen sich in einigen Fällen aber erst Jahre später bemerkbar (Reniers, 2001). Als möglicher Pathomechanismus wird die Störung des Epithelzellwachstums mit darauf folgender Entzündungs- und Geschwürsbildung der Darmschleimhaut diskutiert. Auch eine Hemmung der Glykoprotein-Synthese, die zur Störung der Integrität der Schleimhaut führt, sowie eine Stimulierung von T-Killerzellen, die zur Epithelzellschädigung und daraus resultierenden Entzündungsprozessen führt, sind denkbar.
Isotretinoin kann neurologische Störungen verursachen
13-cis-Retinsäure beeinflusst die Gen-Expression im Gehirn. Regulierende Einflüsse von Vitamin A auf die Zellteilung wurden schon weiter oben beschrieben. Diese gehören zum gesundheitlichen Nutzen des Vitamins. Extrem hohe Dosen der Retinsäure können diesen Effekt jedoch ins Negative verkehren. In einer Übersichtsstudie kamen Forscher zu dem Schluss, dass die hochdosierte Gabe von Isotretinoin zu höheren Raten von Depression und Selbstmord dafür anfälliger Individuen führen kann (Bremner, 2012).
Liste der Nebenwirkungen ist lang
Schäden der Darmschleimhaut, die zur Fehldiagnose Reizdarm führen und neurologische Störungen reihen sich ein in eine lange Liste von Nebenwirkungen. Anämie, allergische Hautreaktionen, Kopfschmerzen, Gefäßentzündungen, Nasenbluten, Leberentzündungen, Verschlimmerung der Akne, Gelenkentzündungen und eine diabetische Stoffwechsellage sind nur einige der möglichen anderen Nebenwirkungen einer Überdosierung mit Retinsäuren.
Mediziner sehen oft keinen Zusammenhang
Obwohl die beschriebenen Nebenwirkungen bekannt sind, wird ein Zusammenhang von den behandelnden Ärzten häufig abgestritten oder schlicht nicht erkannt. Vor allem wenn die Behandlung mit Isotretinoin schon längere Zeit zurückliegt, erscheint ein Zusammenhang auch für die Betroffenen zunächst unwahrscheinlich. Sie landen dann mit unklaren Magen-Darm-Beschwerden beim Gastroenterolgen. Dieser interessiert sich natürlich nicht für die unreine Haut seines Patienten. Er hätte in einer 5-minütigen Anamnese auch kaum die Zeit danach zu Fragen.
Wenn dieser dann entzündliche Veränderungen der Darmschleimhaut oder gar Ulzerationen feststellt, wird die Diagnose Colitis ulcerosa gestellt und darauf verwiesen, dass die Ursachen weitesgehend unbekannt sind, aber genetische Faktoren wohl eine Rolle spielen. Eine Therapie mit Claversal zur Entzündungshemmung und Kortison während der Schübe wird verordnet.
Nicht viel besser geht es Patienten, die keine entzündlichen Veränderungen der Darmschleimhaut aufweisen. Ihre chronischen Durchfälle, Bauchkrämpfe und zum Teil multiplen Nahrungsunverträglichkeiten werden dann als Reizdarm-Syndrom abgetan. Dieses sei seelisch bedingt, sodass dem Patienten häufig Antidepressiva empfohlen werden und er zu einer Psychotherapie geschickt wird.
Dem verzweifelten Patienten mag das sogar ein Stück weit helfen, denn länger anhaltende Bauchschmerzen schlagen auf´s Gemüt. Dass es sich hier um eine somato-psychische Erkrankung (seelische Beschwerden aufgrund einer körperlichen Erkrankung) und nicht um eine psycho-somatische Erkrankung (die Seele macht den Körper krank) handelt, wird nicht berücksichtigt.
Die Ursache erkennen und behandeln
Zu einer ganzheitlichen Behandlung gehört immer eine ausführliche Anamnese. Ganzheitlich im wahrsten Sinne, denn alle Organe des Organismus Mensch stehen in Wechselwirkung und arbeiten zusammen. Anders wäre ein Leben schlicht unmöglich.
Wenn ich den Patienten also nach seiner Krankengeschichte befrage und alles wissen will, was er jemals an Krankheiten und Symptomen hatte, dann interessieren mich auch Symptome die auf den ersten Blick nichts mit der derzeitigen Erkrankung zu tun haben.
Kommt ein Patient mit chronischen Magen-Darm-Beschwerden und es stellt sich heraus, dass er mal ein Medikament gegen seine Akne bekommen hat, dann lässt mich das aufhorchen. Nicht selten stellt sich heraus, dass die Verdauungsbeschwerden erst nach der Behandlung mit 13-cis-Retinsäure begannen. Manche Patienten hatten „da so eine Vermutung“, andere sind gänzlich überrascht.
Zur ganzheitlichen Behandlung gehören dann eine Analyse und Behandlung der Darmflora, von Nahrungsunverträglichkeiten und eine gezielte Regeneration der Darmschleimhäute mit speziellen Nährstoffen. Auch eine biophysikalische Ausleitung der 13-cis-Retinsäure mit einem Bioresonanz-Verfahren kann sich als hilfreich erweisen.
Alternative Behandlung von Akne
Die alternative Behandlung von Akne setzt wie auch andere ganzheitliche Therapien an mehreren Punkten an. Neben einer Optimierung des Nährstoffstatus – wozu auch eine angemessene Vitamin A-Supplementierung gehört – rückt eine Regulierung des gesamten Stoffwechsels in den Fokus. Bei Patienten mit Hautproblemen finden sich neben Nährstoffdefiziten häufig Stoffwechselstörungen, hormonelle Dysbalancen und Veränderungen in der Immunfunktion. Mit Hilfe einer ganzheitlichen Labordiagnostik können die Störungen genau erfasst und mit Hilfe von Ernährungsumstellung, der Einnahme defizitärer Mikronährstoffe und naturheilkundlich regulativen Therapien behoben werden.
Ihr Heilpraktiker in Berlin Schöneberg,
Reinhard Clemens
Quellen:
Bremner et al: Retinoic acid and affective disorders: the evidence for an association. J Clin Psychiatry. 2012 Jan;73(1):37-50. doi: 10.4088/JCP.10r05993. Epub 2011 Aug 23. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21903028
Plewig, Kligman: Akne und Rosazea. Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1994
Reniers et al: Isotretinoin-induced inflammatory bowel disease in an adolescent. Ann Pharmacother. 2001 Oct;35(10):1214-6. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11675849
2 thoughts on “Aknemedikament Isotretinoin schädigt Darmschleimhaut”
Wieviel vit a als retinol kann ich einem 15 jaehrigen geben bei Akne. Er hat vit a das letzte mal im mangel. Genau wie ich. Wir koennen beta carotin nicht umwandeln. Haben beide HPU. Isotretinuin will ich vermeiden aber der Leidensdruck steigt. Zink und b vitamine nimmt er. Auch was fuer die leber. Genetisch gibt es auf beiden Seiten Akne.
Vitamin A 10.000 IE täglich sind eine sichere Einnahme. Das ist nicht zu vergleichen mit Isotretinoin, welches in vielfacher Dosis Vitamin A (in Form von 13-cis-Retinsäure) liefert. Weitere Maßnahmen gegen Akne können eine Ernährungsumstellung (z.B. Zucker, Weizen, Milchprodukte reduzieren) und ein Aufbau der Darmflora sein. Vitamin B12 sollte genau beobachtet werden in höherer Dosierung. Bei manchen ruf hochdosiertes B12 Pickel hervor.