Kolloidales Silber ist eine beliebte Alternative zu Antibiotika. Nicht ganz zu unrecht. Denn seine antibakterielle Wirkung ist unbestritten. Mehr noch, es wirkt sogar gegen Viren. Das können Antibiotika definitiv nicht. Und es hat nicht die gefährlichen Nebenwirkungen der zellschädigenden und resistenzbildenden Bakterienkiller. Was spricht aber gegen seinen bedenkenlosen Einsatz?
Werbeaussagen heben positive Wirkungen hervor
Hält man sich die positiven Eigenschaften von kolloidalem Silber vor Augen, dann denkt man ein Wundermittel in den Händen zu halten. Kolloidales Silber wirkt gegen Bakterien, Pilze und sogar Viren. Es verursacht keine Resistenzbildung und hat im Gegensatz zu Antibiotika offenbar keine schädlichen Auswirkungen auf die Darmflora. In Gesundheitsblogs – mit Verkaufslinks – findet man Aussagen wie „[Die] Wirkung [von kolloidalem Silber] beruht auf einer Doppelstrategie: Sie vernichtet Lebensfeindliches und fördert gleichzeitig das Lebenswachstum“. Woran die winzigen Silbernanopartikel erkennen, wer Freund und Feind ist, wird jedoch nicht schlüssig erklärt. Was erst recht nicht gesagt wird ist die Tatsache, dass es sich bei kolloidalem Silber um Silber-Nanopartikel handelt.
Kolloidales Silber besteht aus Silbernanopartikeln
Kolloidales Silber ist ein toller Name. Er wirkt irgendwie wissenschaftlich und natürlich zugleich. Ganz anders als der Begriff Nanopartikel. Dieser steht zwar einerseits für wissenschaftlichen Fortschritt, löst aber andererseits gesundheitliche Ängste aus. Denn die winzigen Partikel dringen tief ins Körpergewebe ein und entfalten dort bislang kaum erforschte Wirkungen.
Was von Verkäufern angepriesen wird, nämlich dass kolloidales Silber „in dieser winzigen Form […] bis in die entlegendsten Körperregionen vordringen und dort seine Wirkung entfalten“ kann, verdankt es eben seinen Nanopartikeln. Erwähnt wird dies nicht, denn es würde die Käufer vermutlich abschrecken.
Während Nanosilber als Pestizid von denselben Gesundheitsseiten als gefährlich eingestuft wird, soll kolloidales Silber ungefährlich sein. Dabei ist der Unterschied nicht besonders groß. Bei Nanosilber findet man eine Partikelgröße von 1-300 nm (Nanometern; 1 nm = 1 Millionstel Millimeter), während kolloidales Silber bis zu 1000 nm große Teilchen enthalten kann. Da aber auch Teilchen von wenigen 1000 nm Größe als Nanoteilchen bezeichnet werden, besteht kolloidales Silber definitionsgemäß auch aus Nanoteilchen.
Keine Nebenwirkungen aber Gefahr der Ablagerung in Organen
Direkte Nebenwirkungen scheinen bei dem Gebrauch von kolloidalem Silber nicht aufzutreten. Damit die gefürchtete Argyrie – die schlumpfblaue Färbung der Haut – auftreten würde, müssten erheblich höhere Silbermengen eingenommen werden, als es bei der Verwendung von kolloidalem Silber üblicherweise der Fall ist. Allerdings wirft das tiefe Eindringen der mikroskopisch kleinen Partikel in die Gewebe Fragen über seinen bedenkenlosen Einsatz auf.
Fakt ist, dass die Silbernanopartilel – um einmal bei dieser Bezeichnung zu bleiben – in verschiedenen Geweben und Organen abgelagert werden und dort toxische Wirkungen entfalten können (Hadrup, 2013), (Kim, 2010), (Sung, 2009).
Kolloidales Silber eine Alternative für den nicht-alltäglichen Gebrauch
Kolloidales Silber kann eine Alternative darstellen in der Behandlung von Infektionen mit Bakterien oder auch Viren und Pilzen. Damit ist es beispielsweise geeignet für den Einsatz in einer Reiseapotheke zur Reinigung von Trinkwasser unterwegs oder zur Behandlung von Infektionen, wenn kein Arzt in der Nähe ist.
Versucht werden kann sein Gebrauch auch bei ständig wiederkehrenden Infektionen, bei denen Antibiotika nicht oder nicht mehr helfen. Somit stellt es auch eine Möglichkeit dar, multiresistente Keime zu behandeln, eventuell auch in Kombination mit Antibiotika. Hierzu braucht es von Seiten der Wissenschaft mehr Forschung. Da kolloidales Silber nicht patentierbar ist, ist das Interesse der Pharmaindustrie an entsprechenden Studien denkbar gering.
Ich empfehle kolloidales Silber zur Behandlung von Infektionen als Alternative zu Antibiotika nur in Absprache mit einem Arzt einzusetzen, um Behandlungsfehler zu vermeiden.
Aus ganzheitlicher Sicht sollte sein Einsatz sehr genau abgewogen werden. Um beispielsweise chronische Infekte zu behandeln, ist es meist sinnvoller, das Immunsystem durch eine Darmsanierung, Mitochondrientherapie und die Entgiftung von Schwermetallen und anderen Schadstoffen zu stärken. Dann verschwinden die Infekte meist von selbst wieder. Ob bei schwer therapierbaren (chronischen) Infektionen kolloidales Silber nach einer Risiko-Kosten-Einschätzung eingesetzt werden kann, sollte im Einzelfall abgewogen werden.
Quellen:
Hadrup et al: Oral toxicity of silver ions, silver nanoparticles and colloidal silver–a review. (Orale Giftigkeit von Silberionen, Silbernanopartikeln und kolloidalem Silber – eine kritische Überprüfung.)Regul Toxicol Pharmacol. 2014 Feb;68(1):1-7. doi: 10.1016/j.yrtph.2013.11.002. Epub 2013 Nov 12. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24231525
Kim et al: Subchronic oral toxicity of silver nanoparticles. (Subchronsiche orale Giftigkeit von Silbernanopartikeln.) Part Fibre Toxicol. 2010 Aug 6;7:20. doi: 10.1186/1743-8977-7-20. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20691052
Sung et al: Subchronic inhalation toxicity of silver nanoparticles. (Subchronische inhalative Giftigkeit von Silbernanopartikeln.) Toxicol Sci. 2009 Apr;108(2):452-61. doi: 10.1093/toxsci/kfn246. Epub 2008 Nov 25.http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19033393
3 thoughts on “Kolloidales Silber Pro und Contra”
Sorry, ich muß die Frage anders stellen: eliminiert KOSI auch die oxidationsUNempfindlichen Bakterien- ich denke da an die Paradontose Markerkeime. Danke.
Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, da ich nicht mit kolloidalem Silber arbeite.
Eine Frage: werden vom KOSI anaerobe UND aerobe Bakterien gleichzeitig geschwächt????