Im Sommer 2016 ist das Buch „Jod – Schlüssel zur Gesundheit“ des Autorenpaars Kyra Hoffmann und Sascha Kauffmann erschienen. Es ist das erste Buch im deutschsprachigen Raum, das sich wissenschaftlich fundiert und zugleich für den Laien verständlich mit dem offenbar unterschätzten Spurenelement befasst. Ich hatte die Gelegenheit mich mit der Autorin Kyra Hoffmann über Ihr Buch zu unterhalten.
RC: Liebe Kyra, Du und Dein Partner Sascha Kauffmann habt dieses Jahr das Buch „Jod – Schlüssel zur Gesundheit“ raus gebracht. Ihr habt damit offenbar einen Nerv getroffen, denn die Resonanz unter Fachleuten wie unter Laien ist beachtlich. Es scheint als sei das Thema in den letzten 100 Jahren sehr stiefmütterlich behandelt worden.
Was hat Euch dazu gebracht, Euch so intensiv dem Spurenelement Jod zu widmen?
Kyra: Lieber Reinhard, zunächst einmal vielen Dank, dass du mir die Möglichkeit gibst über Jod zu berichten. Dieses Spurenelement war lange Zeit sehr unterschätzt und vielleicht auch missverstanden. Aber es erlebt derzeit eine kleine Renaissance und wird hoffentlich bald eine grundlegende Neubewertung erfahren – ähnlich wie Vitamin D3 vor einigen Jahren. Sascha und ich sind auf das Thema Jod eigentlich mehr durch Zufall gekommen. Herr Dr. Heinrich Kremer, ein wichtiger Lehrer und Vorbild bei unserer Arbeit, hat uns vor ca. 4 Jahren auf die Literatur von Dr. David Brownstein aufmerksam gemacht. Sein Buch „Iodine – Why you need it and why you can’t live without it“ (bislang noch nicht auf Deutsch erschienen) ist ein Grundlagenwerk zum Thema Jod.
Der Inhalt schien uns plausibel, aber da es seinerzeit das dort genannte Jod-Testverfahren, der sogenannte „Iodine-Loading-Test“ ( „Jodsättigungstest“) in Deutschland noch nicht durchgeführt wurde, verloren wir etwas das Interesse am Thema. Und wir selbst wähnten uns gut mit Jod versorgt, da wir regelmäßig Seefisch und Meeresfrüchte zu uns nahmen. Also mit anderen Worten: Jodmangel? – das haben nur die anderen!. …wie falsch wir lagen, zeigte sich dann erst im Jahr 2014.
Etwa zehn Monate nach der Geburt unseres ersten Sohnes erinnerte ich mich wieder an Jod. Natürlich hatte ich während der Schwangerschaft und Stillzeit Jod substituiert, aber irgendwann machte ich den Jodtest, der im Jahre 2014 dann von einem Labor angeboten wurde, und ich war sehr überrascht, dass mein Ergebnis einen starken Jodmangel auswies. Nun, im Nachhinein betrachtet war das Ergebnis nicht überraschend. Unseren ersten Sohn habe ich sieben Monate rund um die Uhr gestillt, ab dem 8. Monat dann immer noch in „Teilzeit“. Dieses Dauerstillen zehrt bei Frauen sämtliche Jodreserven auf. Das bisschen Substitution (150 μg pro Tag) und der Jodanteil in der Nahrung hat einfach nicht ausgereicht, um mich ausreichend mit Jod zu versorgen. Das war der Ausgangspunkt für uns, Jodmessungen in unseren Praxen durchzuführen und uns intensiver mit der Thematik zu beschäftigen, aber auch um Jod in größeren Mengen zuzuführen und ich war überrascht, welche Besserungen sich im ganzen Körper zeigten, die auf Jod zurückzuführen waren. Zunächst merkte ich eine deutlich höhere Konzentration, ein geringes Schlafbedürfnis und ich fühlte mich sehr viel fitter. Mit den Monaten konnte ich u.a. auch bemerken, dass alte Narben auf der Haut sich besserten und dann komplett abflachten. Jod kann viel mehr als nur die Schilddrüse stimulieren. Im übrigen hatte ich auch in Zeiten von Jodmangel nie auffällige Schilddrüsenwerte.
RC: Vor etwas mehr als 10 Jahren kam das Buch „Die Jod-Lüge“ von Dagmar Braunschweig-Pauli raus, das viele Menschen dazu bewegt hat, kein jodiertes Speisesalz mehr zu verzehren und dem Jod sehr kritisch gegenüber zu stehen. Wenn man Euer Buch liest, ist das wie ein Freispruch für das arg gescholtene Jod. Mehr noch, plötzlich hat sich das „Märchen vom gesunden Jod“ zur „Wiederentdeckung eines vergessenen Heilmittels“ gewandelt.
Kyra: Das Buch kennen wir, aber es entbehrt schlicht jeder wissenschaftlichen Grundlage. Wer nur einigermaßen den Jodstoffwechsel verstanden hat und sich ein wenig in der Jod-Grundlagenforschung auskennt, der kann mit diesem Buch einfach nichts mehr anfangen. Genauso gut könne heute ein Wissenschaftler behaupten, die Sonne drehe sich um die Erde. Das ist genauso hanebüchen.
RC: Wie ist diese Diskrepanz, wie ist dieser Wandel zu erklären? Und warum braucht der Körper anstatt Mikrogrammmengen (Laut DGE 200 μg am Tag) Milligramm-Mengen (bis zu 50 mg am Tag)?
Kyra: In den letzten Jahren gab es einige wichtige Forschungsergebnisse zu Jod. Leider glauben die meisten Ärzte und Ernährungsberater noch den Satz von 1895, dass Jod nur für die Schilddrüse wichtig sei. Das war in diesem Jahr eine entscheidende Entdeckung als nämlich der deutsche Chemiker Baumann Jod im Schilddrüsengewebe nachwies. Leider verstarb er kurz nach seiner Entdeckung und niemand setzte die Forschungsarbeiten fort. Dabei wurde schon in den 1920ger Jahren Jod in anderen Geweben nachgewiesen. Ab den 1950ger Jahren gab es Grundlagenforschung zu Jod und Brusterkrankungen.
Die Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und auch der WHO basieren auf der alten Annahme, dass nur die Schilddrüse einen Jodbedarf hat. Viele Organe im Körper benötigen Jod – allen voran die Eierstöcke, das Gehirn, die Brustdrüse und der Magen-Darm-Trakt – und daher muss von einem deutlich höheren Bedarf ausgegangen werden.
Vielleicht noch ein Wort generell zu den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung:
Grundsätzlich sind die Empfehlungen der DGE nicht dazu geeignet, den Körper optimal zu versorgen. So lauten die Empfehlungen beispielsweise für Vitamin D 800 I.E. pro Tag bei einem Erwachsenen – eine Dosierung die weit unter dem liegt, was eine relevante Wirkung in Bezug auf die Prävention von Erkrankungen haben könnte. Wir müssen auch immer unterscheiden, ob wir Jod einsetzen, um den Körper minimal zu versorgen, d.h. um schwere Erkrankungen wie Kretinismus und Kropf zu verhindern. Oder ob wir unseren Körper optimal mit einem Nährstoff versorgen möchten.
RC: In Eurem Buch schreibt Ihr, dass man in Ostasien durch eine traditionelle Ernährung 1 bis 13 mg (1 Milligramm = 1 tausendstel Gramm) und mehr Jod am Tag aufnimmt, während man hierzulande gerade mal auf 70 μg (1 Mikrogramm = 1 millionstel Gramm) kommt. Wenn es eine so hohe Differenz gibt in der täglichen Jodaufnahme zwischen dem Mitteleuropäer und dem Ostasiaten, wie kompensiert der Körper dann diese Differenz?
Kyra: Das ist eine sehr gute Frage.
Jodmangel kann der Körper auf Dauer nicht kompensieren, er erkrankt. Schauen wir uns einfach einmal an, wie viele Menschen in Deutschland alleine an jodmangelbedingten sogenannten „kalten“ Knoten leiden (ab dem 45. Lebensjahr ca. jeder 2. Erwachsene). Auch die Schilddrüsenvergrößerung ist immer noch weit verbreitet, auch wenn wir nicht mehr stark auffällige Kröpfe wie noch vor 100 Jahren sehen. Aber schau doch einfach einmal, wie viele Menschen in Deutschland alleine täglich Schilddrüsenhormone einnehmen müssen, weil sie eine Unterfunktion haben (ich klammere jetzt die Menschen mit Hashimoto Thyreoiditis bewusst aus). Bei Millionen von Menschen schafft die Schilddrüse ihren Job nicht. Und in vielen Fällen fehlt schlichtweg nur Jod. Übrigens werden in Deutschland ca. 1 Millarden Tagesdosen pro Jahr an Schilddrüsenhormonen verordnet. Darüber hinaus sind die Forschungen mittlerweile so fundiert, dass man sicher sagen kann, dass Jodmangel ein Risikofaktor für gut- und bösartige Erkrankungen der Brust darstellt. Mit über 55.000 Neuerkrankungen an Brustkrebs pro Jahr ist Jod sicher eine wichtiger Präventions- und Behandlungsaspekt.
Wenn man sich hingegen die Krankheitsstatistiken für Japan anschaut, fällt zunächst auf, dass die Japaner das langlebigste Volk der Welt sind und dass Tumorerkrankungen wesentlich seltener auftreten als bei uns. Brustkrebs ist eine sehr seltene Erkrankung bei japanischen Frauen. Dies ist nicht genetisch bedingt, wie man jetzt einwerfen könnte, sondern Emigrationsstudien konnten zeigen, dass Japanerinnen, die in die USA auswandern, ab der 2. Generation dasselbe Brustkrebsrisiko haben wie Amerikanerinnen.
RC: Wieso vertragen offenbar Millionen von Menschen Jodmengen im Milligramm-Bereich, während andere darauf mit Nebenwirkungen reagieren?
Kyra: Wer auf Jod mit Nebenwirkungen reagiert, wie z. B. Kopfschmerzen, Herzrasen, Magen-Darm-Symptomen sollte zunächst einmal seine Schilddrüse gründlich untersuchen lassen. Jod stimuliert natürlich die Schilddrüsenhormonsynthese und sollte daher nicht unkontrolliert bei einer Schilddrüsenüberfunktion, bei sogenannten „heißen“ Knoten und ähnlichen Schilddrüsenerkrankungen gegeben werden. Es gibt darüberhinaus tatsächlich das Phänomen einer Jodunverträglichkeit. Jod ist nicht nur ein essentielles Spurenelement, sondern es entgiftet auch Schwermetalle und andere Halogene (Fluorid, Bromid, Chlorid). Daher raten wir von einer eigenmächtigen Hochdosisjodtherapie ohne therapeutische Begleitung ab. Viele Menschen mit Hashimoto Thyreoiditis reagieren auch mit Unverträglichkeitssymptomen auf Jod und ihnen wird – zu Unrecht- geraten, Jod auf jeden Fall zu meiden. Auch Patienten mit Hashimoto Thyreoiditis benötigen Jod, z.B. für Brust, Eierstöcke, Gehirn oder Prostata. Ihre erkrankte Schilddrüse kann aber Jod nicht mehr regelrecht verstoffwechseln. Oftmals bestehen auch Antikörper gegen die Jod-Transportsysteme, so dass Jod gar nicht in die Schilddrüsenzelle aufgenommen werden kann und somit eine Entzündung noch verstärkt werden kann, vor allem wenn gleichzeitig ein Vitamin D- und/oder Selen-Mangel vorliegt. Das Problem ist allerdings nicht das Jod, sondern die chronisch entzündete Schilddrüse. Diese muss ganzheitlich behandelt werden.
RC: Muss es immer die höher dosierte Jodgabe sein, damit sich eine Heilwirkung entfalten kann?
Kyra: Eine Hochdosisgabe muss auf jeden Fall bei Brusterkrankungen erfolgen. Studien konnten eindeutig belegen, dass ein Effekt auf die Brustdrüsen z. B. bei einer fibrozystischen Mastopathie (einer gutartigen Brusterkrankung) nur bei einer Jodgabe in Form von elementarem Jod im Milligramm-Bereich erzielt werden konnte. Die Schilddrüse benötigt in der Regel nicht so hohe Gaben von Jodid, um wieder ins Lot zu kommen.
RC: Wer profitiert Eurer Meinung nach am meisten von einer erhöhten Jodzufuhr?
Kyra: In unseren Praxen konnten wir die Erfahrung machen, dass vor allem Patienten mit diesen Erkrankungen von Jod stark profitieren:
- Schilddrüsenunterfunktion (ohne Entzündung)
- Erschöpfung / Burnout-Syndrom (auch die Nebenniere benötigt Jod!)
- Brusterkrankungen, wie Zysten, Mastopathie, PMS-Syndrom mit Brustschmerzen (wir behandeln keine Tumorpatienten, daher können wir in punkto Brustkrebs keine eigenen Erfahrungen beisteuern)
- Kinderwunschpatienten (da die Eierstöcke auch viel Jod benötigen, scheint die Fruchtbarkeit durch eine Jodtherapie deutlich gesteigert zu sein)
RC: Woher weiß ich, wie viel Jod ein Mensch genau braucht?
Kyra: Dies lässt sich am besten durch einen Jodsättigungstest herausfinden. Dies ist ein Urintest, der nach Gabe von 50 mg Jod, im 24-Urin durchgeführt wird. Dieser Test hat zwar wie jeder Labortest seine Nachteile, aber er ist derzeit das beste Verfahren, was wir haben.
RC: Was sollte ich bei der Substitution beachten? Wie geht man bei der Jodsubstitution am klügsten vor?
Kyra: Für eine Jodsubstitution sollte zunächst vorher der genaue Mangel bestimmt sein. Darüber hinaus ist es wichtig, eine Schilddrüsenerkrankung (vor allem eine Schilddrüsenüberfunktion oder sogenannte „heiße“ Knoten) oder auch eine Nierenerkrankung auszuschließen.
Jod muss in der Zelle verstoffwechselt werden, und dafür ist es notwendig, ,dass es auch seinen Weg in die Zelle hinein findet. Die Aufnahme in die Zelle erfolgt über spezielle Jod-Transportsysteme (Natrium-Jodid-Symporter). Diese wiederum arbeiten nur mit Energie (ATP), die die Mitochondrien liefern. Daher ist es wichtig, bei einer Jodtherapie auch die Mitochondrien durch sogenannte mitotrope Substanzen, vor allem Vitamin B, Magnesium, u.U. auch Coenzym Q10 zu unterstützen, damit ausreichend Energie zur Verfügung steht.
Am besten klärt man vor der Jodgabe schon einmal durch eine entsprechende Blutanalyse ab, ob der Körper mit diesen Substanzen bereits ausreichend versorgt ist.
RC: Jod ist bekanntermaßen essentiell für die Bildung der Schilddrüsenhormone. Wie viel Jod braucht die gesunde Schilddrüse? Und wie verhält es sich bei Krankheiten der Schilddrüse?
Kyra: Die WHO und die DGE haben für Erwachsene 200 μg pro Tag definiert. Das ist schon eine Menge, die viele Menschen nicht mit Ihrer Nahrung täglich aufnehmen. Grundsätzlich hängt aber der Bedarf der Schilddrüse auch davon ab, wie gut die Zellen Jod aufnehmen (ob die Jodid-Symporter u. U. blockiert sind), wie groß die Drüse ist (nur ca. 9 ml Volumen oder eher 20 ml Volumen). Bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (M. Basedow/Hashimoto Thyreoiditis) muss Jod teilweise sehr restriktiv eingesetzt werden.
RC: Gerade beim Thema Hashimoto-Thyreoiditis scheint es zwei geteilte Lager zu geben. Die einen raten strikt von einer Jodsubstitution ab, während die anderen sie befürworten. Wie lässt sich diese Diskrepanz erklären? Und was ist nun der richtige Weg?
Kyra: Die Hashimoto Thyreoiditis ist eine Erkrankung, bei der das Immunsystem des Körpers sogenannte Autoantikörper gegen das Enzym TPO (das bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen benötigt wird) und/oder gegen das Protein Thyreoglobulin bildet. Die Erkrankung verläuft chronisch und führt langfristig in der Regel zu einer Einschränkung der Schilddrüse selbst Schilddrüsenhormone zu bilden. Es kommt also langfristig zu einem Funktionsverlust, häufig auch zu einer Abnahme des Schilddrüsenvolumens und damit zu einer Schilddrüsenunterfunktion.
Einige Patienten mit Hashimoto Thyreoiditis entwickeln nicht nur Antikörper gegen TPO und Thyreoglobulin, sondern auch Antikörper gegen die Jod-Transportsysteme. D.h. Jod kann nicht in die Zelle hinein. In solchen Fällen kann Jod dann tatsächlich zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen wie Schmerzen oder Druckgefühl im Bereich der Schilddrüse.
Interessanterweise bilden dieselben Patienten scheinbar auch an anderen jodabhängigen Organen Antikörper gegen NIS. Beispielsweise auch in der Brust. Interessanterweise haben viele Patientinnen mit Hashimoto Thyreoiditis auch typische jodmangelbedingte Symptome an der Brust, wie Zysten. Einige Studien konnten auch einen Zusammenhang zwischen Hashimoto Thyreoiditis und dem Auftreten von Brustkrebs aufzeigen.
RC: Besteht bei einer hochdosierten Jodgabe im Milligramm-Bereich nicht die Gefahr, dass sich eine Schilddrüsenüberfunktion entwickelt, wie das in der Literatur beschrieben ist?
Kyra: Grundsätzlich sollten die Schilddrüsenwerte engmaschig kontrolliert werden. Allerdings ist bei einer gesunden Schilddrüse nur in ganz seltenen Fällen davon auszugehen, dass sich eine Schilddrüsenüberfunktion entwickelt. Die Schilddrüsenzellen haben nicht nur spezielle Transportsysteme für Jod in die Zelle hinein, sondern auch spezielle Export-Systeme für überschüssiges Jod. Jod, was der Körper nicht benötigt, wird – eine gesunde Nierenfunktion vorausgesetzt – mit dem Urin ausgeschieden.
RC: Was ratet Ihr Leuten, die auf Jod allergisch oder mit Unverträglichkeit reagieren (trotzdem sie alle Co-Faktoren zu sich nehmen)?
Kyra: Eine Jodallergie ist bislang nicht bekannt, allerdings die oben bereits erwähnte Unverträglichkeit. Hier raten wir zunächst einmal zur Therapie der Grundstörung, d. h. eine gründliche Entgiftung vor allem toxischer Metalle und auch einer Behandlung der Hashimoto Thyreoiditis.
RC: In welcher Form kann ich Jod substituieren? Bin ich dabei auf Nahrungsergänzungsmittel angewiesen?
Kyra: Grundsätzlich lässt sich Jod gut über die Nahrung aufnehmen. Die Japaner machen es uns vor. Die tägliche Jodaufnahme durch die typische japanische Ernährung liegt zwischen ca. 5 mg und 12 mg pro Tag. Zum Vergleich: Ohne Jodsalz nehmen die Deutschen ca. 70 μg (!) Jod pro Tag zu sich. Mit einer typisch europäischen Kost ist es schwierig, allein schon auf die von der WHO und DGE geforderten 200 μg pro Tag (als Erwachsener) zu kommen. Wer sich vegetarisch oder gar vegan ernährt, kann nur durch den bewussten Verzehr von Meeresalgen oder auch Queller eine ausreichende Jodversorgung erzielen.
Wir empfehlen daher eine bewusst jodreiche Ernährung – mit Ausflügen in die Algenküche oder durch Kochen mit heimischen jodreichen Pflanzen, wie dem Queller. Wer allerdings einen starken Jodmangel hat, der sollte zunächst gemeinsam mit einem Therapeuten diesen ausgleichen. Dafür stehen gute orale Präparate zur Verfügung, die individuell dosiert werden müssen.
RC: Was ist der Unterschied zwischen herkömmlichem Kalium-Jodid (in Speisesalz und Jodtabletten) und der sogenannten Lugol´schen Lösung?
Kyra: Die Lugol’sche Lösung beinhaltet sowohl elementares Jod als auch Kaliumjodid. Beide Formen werden im Körper in unterschiedlichem Ausmaß benötigt. Die Schilddrüse benötigt vor allem Jodid, die Brustdrüse vor allem elementares Jod. Die Lugolsche Lösung wurde im Jahr 1835 von einem französischen Arzt entwickelt und war lange Zeit ein sehr bekanntes Heilmittel. Die Lösung wird in verschiedenen Stärken angeboten (üblich sind 2% und 5%) und wird in deutschen Apotheken hergestellt. Sie ist eine hochdosierte Jod-Jodid-Lösung und sollte nur nach Rücksprache mit einem Therapeuten verwendet werden. Im Speisesalz in Europa wird im übrigen kein Kalium-Jodid verwendet, sondern Kalium-Jodat. Dies hat den Vorteil, dass es viel länger stabil ist als Kaliumjodid.
RC: In Eurem Buch „Jod – Schlüssel zur Gesundheit“ kann man sich umfassend zum Thema Jod als Heilmittel informieren. Für Leute die mehr wissen wollen, bietet Ihr auch Seminare an. Sind diese Fachleuten vorbehalten oder können daran auch Laien teilnehmen? Und wo und wie kann man sich dazu anmelden?
Kyra: Für das Jahr 2017 sind schon einige Webinare geplant und es wird sicher auch ein großes Seminar geben. Leider sind medizinische Fachinformationen aufgrund der deutschen Gesetzgebung nur für medizinische „Fachleute“, d.h. nur Ärzte, Heilpraktiker und andere Therapeuten dürfen teilnehmen. Wir bedauern dies sehr und versuchen daher über unsere Literatur auch Nicht-Mediziner zu informieren. Ab Januar 2017 beginnt eine dreiteilige Webinar-Reihe bei der isg-Akademie. Dort kann man sich noch anmelden unter www.isg-akademie.de
RC: Dreht sich bei Euch in nächster Zeit alles um das Thema Jod? Oder was ist Dein/ sind Eure nächsten Projekte?
Kyra: Zur Zeit nimmt das Thema Jod sehr viel Zeit in Anspruch, da wir auch in engem Austausch mit der Forschung stehen und hier auf dem neuesten Stand bleiben wollen. D.h. wir lesen aktuelle Studien und sprechen mit den Forschern in den Laboren. Daneben haben wir natürlich auch unseren normalen Praxisalltag und unsere kleine Familie mit 2 Söhnen.
RC: Liebe Kyra, vielen Dank für das Gespräch.
Kyra: Danke, lieber Reinhard, für deine Zeit und die interessanten Fragen.
1 thoughts on “Interview zum Buch „Jod – Schlüssel zur Gesundheit“”
Hallo RC und Kyra,
vielen Dank, dass Sie dieses Thema auch für uns Laien transparent machen – bzw. überhaupt ersteinmal wieder auf den Tisch bringen!
Das Jod scheint ja ein mächtiges Spurenelement zu sein, wenn es uns unsere individuellen Sensibilitäten und Reaktionen so stark verdeutlicht.
Vielleicht ist es ja auch ein Zeiger, der darauf hinweist, dass auch mit dem hochdosierten Umgang anderer Nahrungsergänzungmittel,
oder mit auch den Wechselwirkungen derselben untereinander, mehr Vorsicht geboten ist.
Mir stellt sich unmittelbar die Frage, warum wir offenbar einfach nicht genug Jod über die Nahrung aufnehmen können
– sofern wir nicht auf Meeresfrüchte und Algen zurückgreifen.
Gut, die Lebensmittelindustrie füttert uns seit geraumer Zeit damit, vermutlich weil die Böden zu ausgewaschen sind und nicht mehr genug davon hergeben. (Über andere industrielle Motivationen möchte ich heute lieber nicht nachdenken.) Aber wie war es denn früher, vor langer Zeit?
Als die Böden noch in Ordnung waren, wird es große Bevölkerungsgruppen ohne Zugang zur Küste und zum Meer gegeben haben.
Wo haben die Menschen das Jod herbekommen, die keinen Ackerbau betrieben?
Gibt es möglicherweise ein “Wissen” über den Jodgehalt von Pflanzen und den Salzgehalt bestimmter Böden, dass wir vor langer Zeit vergessen haben?
(Und in jüngster Zeit gerne immer wieder vergessen sollen?)
Machen wir mit unserer modernen Ernährung etwas Grundlegendes falsch, etwa, indem wir zu viel Brot essen, zu viel Zucker, zu wenig Kräuter?
Oder sind die Menschen damals einfach nicht alt genug geworden, um die Zimperlichkeiten der modernen Schilddrüse zu erleben…
Ich bin gespannt, ob das Buch mehr darüber verrät, wie es zu diesem zwiespätligen Verhältnis zum Jod kam.
Einerseits befreit es also von Schwermetallen und anderen überflüssigen Substanzen, andererseits sollen wir es aus den Nahrungsmitteln unserer vergifteten Meere beziehen. Hm. Auch spannend, ob man sich post-fukushima noch lange auf japanische Studien beziehen können wird.
My two cents.
Viele Grüße!