Verunglimpfung des Heilpraktiker-Berufes – Verbände positionieren sich

Den ursprüngliche Artikel hatte ich am 28.8.2016 veröffentlicht. Er trug den Titel "Verunglimpfung des Heilpraktiker-Berufes - Verbände schweigen". Das in dem Artikel geschilderte Geschehen in Brüggen-Bracht oder vielmehr die Diskussionen, die dadurch ausgelöst wurden, haben viel bewegt. Mittlerweile haben sich die Verbände klar positioniert. Sie haben damit einen wichtigen Schritt getan, um unseren Berufsstand zu schützen und seine Qualitätsstandards weiter zu verbessern.

In den letzten 2 Wochen (Anmerkung: im August 2016) gingen Meldungen aufgrund des Todes von Krebspatienten eines Heilpraktikers in Brüggen-Bracht durch sämtliche große Medien. Die noch laufenden Untersuchungen werden zum Anlass genommen, einen ganzen Berufsstand zu denunzieren. Eine öffentlichkeitswirksame Zurückweisung dieser Beschädigung unseres Berufsstandes vonseiten der Heilpraktiker-Verbände fehlt.

Was war passiert?

In dem niederrheinischen Dorf Brüggen-Bracht kam es zu  3 Todesfällen von Krebspatienten, die von einem Heilpraktiker mit der Substanz 3-Bromopyruvat (3-BP) behandelt worden sind. (Anmerkung 23.08.17: Die Ermittlungen sind nach über einem Jahr bisher nicht abgeschlossen). Offenbar behandelte der Heilpraktiker schulmedizinisch austherapierte Fälle. Damit ist zunächst unklar, ob die angewandte Substanz für die Todesfälle verantwortlich ist.

Jeder einzelne Todesfall ist zu bedauern. Eine Aufklärung der genauen Umstände ist notwendig und eine Bestrafung des Heilpraktikers angebracht, sollte er tatsächlich fahrlässig gehandelt haben.

Dass nun aber der gesamte Berufsstand des Heilpraktikers denunziert wird, ist falsch und sollte scharf zurückgewiesen werden. Doch leider gibt es keinen Verband oder öffentlichen Sprecher, der sich schützend vor uns Heilpraktiker stellt. 

Unhaltbare Diffamierungen gegen den Berufsstand

Titel wie „Wenn Heilpraktiker aus Versehen töten“ (Zeit online am 27.8.16), „Sie vertrauten ihrem Heilpraktiker, jetzt sind sie tot“ (Zeit online am 12.8.16) sind tendenziös und zielen offenbar darauf ab, den Berufsstand an sich zu diffamieren.

Leider gibt es keine klare Zurückweisung der Diffamierungen seitens der Heilpraktiker-Verbände, die über den eigenen Dunstkreis hinaus geht. Ein Statement auf der Webseite des UDH (Union deutscher Heilpraktiker) trägt den Titel „Heilpraktiker im Fokus“ (UDH, August 2016). Auch wenn der Titel es nicht verrät. Hierin distanziert sich der Verband von den Anschuldigungen gegen den Berufsstand nach den Todesfällen in Brüggen-Bracht. Das ist gut gemeint und immerhin ein Signal an die Mitglieder des Verbandes. Aber wer bitte schön außer den Mitgliedern selbst liest dieses Statement? Vermutlich niemand.

Absurde Forderungen ohne Zusammenhang

Völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist indes die „Forderung nach Todesfällen: Kassen sollen nicht mehr für Homöopathie zahlen“ (Spiegel online, 27.8.16) Hier wird über die Aussagen von Josef Hecken (Leiter des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung regelt) berichtet. Die Forderungen sind reine Polemik. Das vermeintliche Krebsmedikament 3-Bromopyruvat ist schlicht und ergreifend kein homöopathisches Mittel. Ob Hecken das selbst bewusst ist, ist fraglich. Die Homöopathie mit den Todesfällen irgendwie in Verbindung zu bringen, ist deshalb schon mal absurder Quatsch.

Zudem zahlen die gesetzlichen Krankenversicherungen keinen einzigen Cent für Heilpraktiker-Behandlungen. Und die paar Euro, die manche gesetzlichen Kassen für vom Arzt verordnete homöopathische Mittel ausgeben, sind nicht mal Peanuts im Milliardenumsatz verordneter Arzneimittel. Hier wird der tragische Tod von Patienten und das mutmaßliche Fehlverhalten eines einzelnen Therapeuten missbraucht, um einen Rundumschlag gegen Heilpraktiker, Homöopathen und alternative Therapien abzugeben.

Immer wieder wird plakativ abgeurteilt

Unter der URL „Heilpraktiker auf Droge …“ berichtete der Spiegel über ein Treffen im letzten Jahr, bei dem eine Gruppe von Menschen einen misslungenen Selbstversuch mit einem Halluzinogen durchführte. In dem Artikel hieß es, „Fest steht zunächst nur: Ein Treffen von etwa 30 Heilpraktikern und Homöopathen ist mächtig aus dem Ruder gelaufen“ (Spiegel online, 5.9.15). Falsch, Fakt ist, an dem Versuch waren neben Heilpraktikern auch Ärzte und Psychologen beteiligt. Das jedenfalls berichtete die Vermieterin der Seminarräume. Die Bild schrieb von „berauschten Heilpraktikern in der Heide“ (Bild.de, 25.9.15). Im Artkel selbst ist dann schon die Rede von „Heilpraktiker, Ärzten, Homöopathen und Psychologen.“ Warum heißt es dann nicht „Ärzte auf Droge.“ Oder „Berauschte Psychologen in der Heide“? Auch die Welt titelte mit „Heilpraktiker im Rausch – offenbar ein Therapie-Trip“ (Die Welt, 25.9.15), um dann im ersten Absatz schon „Ärzte und Psychologen“ einzubeziehen.

Aufgrund der irreführenden Headlines brennt sich jedem Leser die Botschaft ins Hirn, dass sich allein Heilpraktiker mit gefährlichen Drogen berauschten.

Nachtrag 21.01.18: Mittlerweile steht fest, dass es gar kein Heilpraktiker-Seminar war. Wie in mehreren Presseberichten im November 2017 zu lesen war, musste sich schließlich ein Psychologe für die Vorfälle verantworten. In einem Bericht des NDR wird er wie folgt zitiert: "Außerdem betonte der Psychologe, dass es sich nicht um ein Treffen von Heilpraktikern gehandelt habe. Stattdessen seien ganz unterschiedliche Teilnehmer dabei gewesen, darunter auch Ärzte und Psychologen, Friseure und Erzieher." (NDR.de, 02.11.17)

Was Vorurteile und die auf Falschmeldungen basierende Polemik der Medien bewirken, zeigt folgendes Beispiel:

Wie solche Polemik den Leser beeinflusst, erkennt man in einem Leser-Kommentar auf Zeit.de, der auf den Artikel "Sie vertrauten Ihrem Heilpraktiker, jetzt sind sie tot" folgte. Der Leser Sirlikrama antwortete: "30 Heilpraktiker im Drogen-Selbstversuch völlig außer sich, sie mussten in 09/2015 von 150 Schulmedizinern und Sanitätern gerettet werden, der Ansbach-Attentäter in Behandlung bei einem umstrittenen Heilpraktiker - jetzt also Brüggen. Es ist höchste Zeit, das Heilpraktikerunwesen in Deutschland zu verbieten." Wie bereits gesagt, waren auch Psychologen und Ärzte "völlig außer sich" nach dem "Drogen-Selbstversuch" und die müssten es ja schließlich besser wissen, denn die haben ja studiert! Dann und das wurde sogar im Fernsehen berichtet, hatte der Heilpraktiker für Psychotherapie im Fall Ansbach ausdrücklich vor "spektakulärem Selbstmord"  gewarnt und war somit wohl der Einzige, der den späteren Attentäter richtig einschätzte. Hier war es vielmehr das Versagen der Behörden, diese Warnung nicht ernst genommen zu haben. Aber natürlich ist es viel einfacher, den Heilpraktiker zu diffamieren.

Heilpraktiker-Verbände schweigen

Über das nicht öffentlichkeitswirksame Statement des BdH zu den Todesfällen in Brüggen-Bracht hatte ich weiter oben berichtet. Auch nach der missglückten Selbsterfahrung mit Halluzinogenen in Handeloh letztes Jahr sah es nicht besser aus. Lediglich in der Hannoverschen Zeitung kam in dem Artikel „Highpraktiker von Handeloh“ (HAZ.de, 6.9.15) der Präsident des Verbandes deutscher Heilpraktiker, Heinz Kropmanns, zu Wort. Er distanzierte sich von drogennehmenden Heilpraktikern. Ohne jedoch darauf hinzuweisen, dass bei besagten Experiment eben auch Psychologen und Ärzte beteiligt waren. Zudem wirkt das Interview im Rahmen eines Artikels über „Highpraktiker“ eher lächerlich.

In großen Medien und Online-Portalen vermisst man eine klare und aussagekräftige Stellungnahme der Heilpraktiker-Verbände gegen immer wiederkehrende absurde Diffamierungen des Berufsstandes.

Was solch ein müdes Vorgehen für den Fall einer Erneuerung der Heilpraktiker-Gesetze bedeutet, dürfte jedem klar sein.

Mahatma Gandhis berühmter Satz „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann ....“ passt zur wachsenden Beliebtheit alternativer Heilmethoden. Nicht ein einzelner Skandal wird den Heilpraktiker-Beruf und alternative Therapien nachhaltig gefährden. Es ist vielmehr der große Erfolg der Naturheilkunde, der dazu führt, dass alternative Heilverfahren und Ihre Therapeuten bekämpft werden. Da die Gegner mächtig sind - man denke nur an die Pharma-Lobby und ihre Verflechtungen mit der Politik - wird es schwer sein, Gandhis Satz mit „... und dann gewinnst du“ zu vollenden. Es wird höchste Zeit, dass sich unsere Verbände zu Wort melden. Dass man eine vernünftige Pressearbeit und PR macht. Es braucht Lobbyarbeit und kluge Einmischung in die Politik, um in Zukunft falsche Anschuldigungen zurückzuweisen und den Berufsstand zu schützen.

Nachtrag am 23.08.2017 mit Bezug zum Ärztetag und Münsteraner Memorandum

Zunächst hatte der deutsche Ärztetag im Mai dieses Jahres die Beschränkung der Heilpraktiker-Rechte gefordert. Nun hat der sogenannten Münsteraner Kreis, eine Interessengemeinschaft der Ärzteschaft, mit seinem Memorandum die Quasi-Abschaffung des Heilpraktiker-Berufes vorgeschlagen. Mit Reformvorschlägen suggeriert man eine bessere Qualitätssicherung. De facto fordert man jedoch die Abschaffung unseres Berufsstandes, wie es ihn seit Jahrzehnten gibt und wie er sich bewährt hat.

Abstrus ist, dass sowohl der Ärztetag als auch die Münsteraner ihre Argumentation auf dem über ein Jahr zurückliegenden Geschehen in Brüggen-Bracht aufbauen. Man treibt also seit mehr als einem Jahr beständig dieselbe Sau durchs Dorf. Denn außer diesem Einzelfall hat sich seitdem nichts Negatives in der Heilpraktikerwelt zugetragen. Zu einer Kampagne hochstilisiert, schlachtet man diesen bis dato nicht vollständig geklärten Einzelfall aus, um einen ganzen Berufsstand zu diskreditieren. Die gelehrten Wissenschaftler gehen dabei höchst unwissenschaftlich vor. Gibt es doch keine einzige Studie oder valide Untersuchung zur angeblichen Gefährlichkeit von Heilpraktikern. Offenbar hält man es auch nicht für notwendig, solche durchzuführen. Denn große Leitmedien wie Der Spiegel oder die Süddeutsche verleihen ihrem Gebrüll willfährig ein Sprachrohr. Wozu braucht es Fakten, wenn man mit Emotionen Politik machen kann?


Quellen

http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2016-08/heilpraktiker-ermittlungen-tote-alternative-krebstherapie-klaus-ross-brueggen

http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2016-08/alternative-krebstherapie-heilpraktiker-brueggen-tote-bromopyruvat

http://www.udh-bundesverband.de

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/todesfaelle-kassen-sollen-nicht-mehr-fuer-homoeopathie-zahlen-a-1109743.html

http://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/krebszentrum-brueggen-ermittlungen-102.html

http://www.bild.de/regional/hamburg/drogen/massen-rausch-in-der-heide-soll-drogenexperiment-gewesen-sein-42714780.bild.html

http://www.haz.de/Nachrichten/Der-Norden/Uebersicht/Nennen-sich-Heilpraktiker-sind-es-aber-nicht

http://www.spiegel.de/panorama/heilpraktiker-auf-droge-grosseinsatz-bei-tagung-in-handeloh-a-1051602.html

http://www.welt.de/regionales/hamburg/article146836660/Heilpraktiker-im-Rausch-offenbar-ein-Therapie-Trip.html

DGP: Heilpraktiker setzen auf Qualität – Ärzte wollen dies verhindern. Das Gesundheitsplus. 12.8.17 (Link zum Online-Artikel)

Deutsche Heilpraktiker-Schule: #weil wir wichtig sind - Weil Heilpraktiker wichtig sind – Schluss mit der Diffamierung des Berufsstandes. Dt. Heilpraktiker-Schule online. 21.8.17 (Link zum Online-Artikel)

Deutsche Heilpraktiker-Schule: Deutsche Heilpraktikerschule fordert klare Ausbildungsrichtlinien. Stellungnahme der Deutschen Heilpraktikerschule zum „Münsteraner Memorandum Heilpraktiker“.Dt. Heilpraktiker-Schule online. 23.8.17 (Link zum Online-Artikel)

Ethnatmed: Stellungnahme der Praxis Ethnatmed zum "Münsteraner Memorandum". Praxis Ethnatmed. Gesichtet am 23.8.17 (Link zum Online-Artikel)

Sasse: Das Ende des Heilpraktikerberufs wie wir ihn kennen??? Online-Portal zum Heilpraktikerrecht. 21.8.17 (Link zum Online-Artikel)