Studie beleuchtet Zusammenhang zwischen Reisediarrhö und Reizdarmsyndrom
Eine retrospektive spanische Studie hat interessante Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Reisediarrhö und dem Reizdarmsyndrom (IBS = Irritable Bowel Syndrome) geliefert. Laut der Studie entwickelten etwa 10% der Patienten, die aufgrund von Reisedurchfall ein internationales Gesundheitszentrum aufsuchten, innerhalb von sechs Monaten nach dem Vorfall ein postinfektiöses Reizdarmsyndrom (PI-IBS). Besonders betroffen waren dabei junge Frauen, bei denen das anfängliche Risiko für IBS relativ hoch war.
Es stellte sich heraus, dass das Risiko an PI-IBS zu erkranken bei Personen höher war, deren Durchfall durch Parasiten verursacht wurde. Im Gegensatz dazu war das Risiko bei Reisenden, die vor der Reise vorbeugende Ratschläge erhalten hatten, geringer. Der einprägsame Satz „Peel it, boil it, cook it or leave it“ (zu deutsch: schäle es, koche es ab, koche es oder lass es!) dürfte vielen Fernreisenden bekannt sein.
Die Studie unterstreicht somit, dass das Risiko für PI-IBS bei Patienten, die von einer internationalen Reise zurückkehren und an Durchfall leiden, nicht zu vernachlässigen ist. Präventive Maßnahmen können das Risiko derweil mindern.
Durchfallerkrankungen sind ein häufiges Problem auf Fernreisen
Bei Fernreisen ist Reisedurchfall ein häufig auftretendes Gesundheitsproblem, das schätzungsweise 10-40% der Menschen betrifft, die in tropische oder subtropische Länder reisen. Obwohl der Verlauf dieser Erkrankung in den meisten Fällen mild und selbstlimitierend ist, entwickeln einige Personen nach dem Abklingen der Infektion anhaltende oder wiederkehrende Darmbeschwerden.
Laut einer aktuellen Metaanalyse kann das postinfektiöse Reizdarmsyndrom (PI-IBS) in 3% bis 30% der Fälle nach einer Reisediarrhö auftreten. Die Häufigkeit variiert dabei abhängig von der Schwere der ursprünglichen Infektion, der Art des Erregers sowie der individuellen Veranlagung. In einer von spanischen Forschern durchgeführten Studie lag der Fokus darauf, die Merkmale der betroffenen Patienten zu beschreiben und potenzielle damit verbundene Risikofaktoren zu identifizieren.
Das Ziel dieser Studie bestand darin, ein besseres Verständnis für das Auftreten von PI-IBS nach Reisedurchfall zu erlangen. Dabei wurden verschiedene Faktoren wie das Alter der Patienten, das Geschlecht, die Art der mikrobiologischen Infektion und die Schwere der Symptome untersucht. Durch die Analyse dieser Merkmale hofften die Forscher, mögliche Zusammenhänge und Risikofaktoren zu identifizieren.
Methode der Studie
Diese retrospektive Studie wurde in einem katalanischen Krankenhaus durchgeführt, das über eine eigene reisemedizinische Abteilung verfügt. Das Krankenhaus hat Patienten einbezogen, die zwischen Januar 2009 und Januar 2018 wegen einer infektiösen Reisediarrhö eingeliefert wurden. Dabei wurden verschiedene Informationen zu den Teilnehmern gesammelt, einschließlich soziodemografischer, klinischer und biologischer Merkmale.
Die Studie verwendete eine retrospektive Methode, was bedeutet, dass sie rückblickend Daten analysierte, die bereits vorliegend waren. Die Teilnehmer wurden aus den Krankenakten ausgewählt und basierend auf dem Vorliegen einer infektiösen Reisediarrhö identifiziert.
Zusätzlich zu den allgemeinen demografischen Daten, wie Alter und Geschlecht der Teilnehmer, wurden auch klinische Informationen erfasst. Dazu gehörten Informationen über die Schwere der Symptome, die Art des Erregers und andere klinische Merkmale, die bei der Bewertung des Risikos für das Auftreten von postinfektiösem Reizdarmsyndrom relevant sein könnten.
10 Prozent der Patienten entwickelten ein Reizdarmsyndrom
Die Studie ergab, dass 10,2% der Patienten (68 von 669) innerhalb von 6 Monaten nach ihrer Rückkehr von einer internationalen Reise ein postinfektiöses Reizdarmsyndrom (PI-IBS) entwickelten. Die Mehrheit dieser Patienten waren Frauen (52,9%) mit einem Durchschnittsalter von 33 Jahren. Die häufigsten Reiseziele waren Lateinamerika (29,4%) und der Nahe Osten (17,6%). Die durchschnittliche Reisedauer betrug 30 Tage.
Bei fast drei Viertel der Fälle begannen die Symptome während der Reise, wobei es typischerweise zu Bauchschmerzen (67,6%) und Fieber (41,2%) kam. Bei fast der Hälfte der Fälle wurde eine infektiöse Ursache für den Durchfall festgestellt, wobei parasitäre Infektionen, insbesondere Giardia duodenalis, in drei von vier Fällen die Hauptursache waren. Die Symptome hielten durchschnittlich 15 Monate nach Diagnose und Behandlung der Reisediarrhö an.
Die Diagnose postinfektiöses Reizdarmsyndrom wurde dann gestellt, wenn die Magen-Darm-Beschwerden trotz gezielter Behandlung und schließlich negativer Stuhlkultur mindestens sechs Monate anhielten.
Postinfektiöses versus stressbedingtes Reizdarmsyndrom
Die beschriebe Studie ergab also, dass parasitäre Infektionen ein unabhängiger Risikofaktor für PI-IBS sind. Das zeigt also, dass ein Reizdarm nicht immer oder zumindest nicht nur psychische Ursachen hat. Leider werden immer noch viele Patienten mit einer psychosomatischen Fehldiagnose nach Hause geschickt. Denn wenn die Stuhlprobe frei von Krankheitserregern ist auch auch eine Darmspiegelung unauffällig bleibt, dann kann es aus Sicht vieler Ärzte ja nur psychosomatisch sein. Zumindest für das PI-IBS darf man also das Gegenteil annehmen.
Dennoch können Stressfaktoren natürlich das Auftreten eines Reizdarms begünstigen und sollten deshalb in die Anamnese einbezogen und entsprechend therapiert werden.
Prävention und Therapie
Eine Reisedurchfallerkrankung meidet man am einfachsten, wenn man sich an den bereits erwähnten Merksatz „Peel it, boil it, cook it or leave it“ hält. Also nur schälbares Obst essen, ansonsten Obst und Gemüse kochen, Trinkwasser abkochen oder in Flaschen kaufen. Wenn das nicht möglich ist, den Verzehr möglichst meiden.
Bei akuten Infektionen sollte man vor Ort einen Arzt aufsuchen. Bei manchen parasitären oder bakteriellen Infektionen sind Medikamente notwendig. Bei leichteren Infektionen können z.B. Kohletabletten und pflanzliche Mittel wie Granatapfel(extrakt), Papayakerne, Knoblauch(exrakt) oder andere Phytobiotika genommen werden. Die Wirkung von Granatapfel und Papaya ist auch vielen Einheimischen in sub/tropischen Ländern bekannt. Sie werden dort traditionell bei Magen-Darmbeschwerden eingesetzt.
Hat sich der Reizdarm chronifiziert, sind die aus ganzheitlicher Sicht ein Aufbau der Darmflora, sowie eine Auslassdiät potentiell unverträglicher Nahrungsmittel hilfreich. Hierzu sollte man entsprechende Laboruntersuchungen durchführen lassen. Auch ein (vorübergehender) Verzicht auf histaminhaltige Nahrungsmittel kann dabei helfen, dass sich der Darm wieder beruhigt. Nährstoffe wie Glutamin und Lecithin unterstützen die Regeneration der Schleimhäute, falls die Infektion zu einem Leaky-gut (Störung der Schleimhautbarriere) geführt haben sollte.
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Quelle:
España-Cueto S et al.: Post-infectious irritable bowel syndrome following a diagnosis of traveller’s diarrhoea: a comprehensive characterization of clinical and laboratory parameters. J Travel Med. 2023 Mar 6:taad030. doi: 10.1093/jtm/taad030. Epub ahead of print. Erratum in: J Travel Med. 2023 Mar 29;: PMID: 36881659.