Übersäuertes Gewebe und zu basischer Darm
Ein übersäuertes Gewebe wird in der Naturheilkunde als Ursache vieler chronischer Krankheiten angesehen. Und da in unserer zivilisierten Kost viele säurebildende Lebensmittel enthalten sind – wie Zucker und Fleisch – macht neben einer Kostumstellung die Einnahme von Basenpulver durchaus Sinn. Sehr beliebt ist hier das Natron, das jeder als Backpulver in seiner Küche hat. Dieses Natriumhydrogencarbonat (auch: Natriumbicarbonat) wird als wahres Wundermittel gepriesen.
Das Wundermittel hat allerdings einen Haken, genauer gesagt zwei. Erstens neutralisiert es zum Teil die Säure im Magen, was zu Verdauungsproblemen und zur Bildung von zu viel Natrium führen kann. Zum anderen alkalisiert es die leicht säuerliche Flora des Darms, wodurch die äußerst wertvollen gesunden Darmbakterien geschädigt werden. Steigt der pH-Wert des Darms zu stark an, wird giftiges Ammoniak vermehrt zurückresorbiert und belastet die Leber und die Mitochondrien der Zellen. Um dies zu verhindern, sollte man auf die kombinierte Einnahme rechtsdrehender Milchsäure und basischer Mineralien in Form von Citraten setzen.
Säure-Basen-Haushalt
Der ph-Wert (lat. potentia hydrogenii) ist ein Maß für den sauren oder basischen (alkalischen) Charakter einer Flüssigkeit. Dieser wird bestimmt durch den Gehalt an Säure-Ionen (H3O+) im Wasser und wird mit einer Skala von 0-14 beschrieben. Wasser hat normalerweise einen neutralen pH-Wert von 7. Ein pH-Wert von 0-7 wird als sauer, ein Wert von 7-14 als basisch bezeichnet.
Die Säure-Basen-Verteilung im Körper ist einem natürlichen Fließgleichgewicht (Homöostase) unterworfen. Ständig fallen im physiologischen Stoffwechsel Säuren und Basen an, die durch sogenannte Puffersystems sowie unsere Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane – Leber, Nieren, Darm, Haut und Lungen – in Balance gehalten werden müssen. Dieses Wechselspiel hält niemals an, sondern befindet sich in einem ständigen Rhythmus wie die Gezeiten der Meere.
In den verschiedenen Geweben, Organen und Körperflüssigkeiten sind dabei unterschiedliche pH-Werte normal. So ist der pH-Wert im Magen mit 1-2 extrem sauer, was wichtig ist für die Eiweißverdauung sowie den Schutz vor krankhaften Keimen.
Der Pankreassaft hat einen pH von 8-9 und neutralisiert den sauren Magensaft der in den Dünndarm gelangt, wodurch die Schleimhäute des Dünndarms geschützt werden. Im Dünndarm haben wir dann einen pH von 5-6, im Dickdarm zwischen 6-6,5. Der leicht säuerliche Darm-pH ist das optimale Milieu für die dort ansässigen gesunden Milchsäure- und Bifidobakterien.
Im Blut haben wir einen leicht basischen pH, der streng zwischen 7,35 und 7,45 konstant gehalten werden muss, damit Stoffwechselprozesse wie gewohnt ablaufen können.
Im gesunden Gewebe findet sich ähnlich wie im Blut ein leicht basischer pH von etwa 7,4.
Der pH-Wert der Haut liegt zwischen 4,5 und 5,5 und bildet unseren natürlichen Säureschutzmantel der uns vor krankhaften Keimen schützt.
Der pH des Urins kann stark schwanken, bewegt sich aber meist zwischen 5 und 7.
Übersäuerung im Gewebe
Aufgrund moderner Lebensweise und Essgewohnheiten (sogenannte “Western diet”) entstehen in unserem Stoffwechsel zu viele Säuren und fehlen basische Puffersubstanzen. Durch Stress, Alkohol, Nikotin, Kaffee, Zucker und tierisches Eiweiß entsteht ein Übermaß an Säuren im Körper. Das wird vor allem dann zum Problem, wenn wir zu viel von all dem und zu wenig vollwertige, vital- und ballaststoffreiche Lebensmittel in unserem Speiseplan haben.
Um die notwendigen Stoffwechselvorgänge aufrechterhalten zu können, muss der Organismus Mineralien aus den Zellen und dem Knochen mobilisieren. Es kommt zur Verarmung der Mineralienspeicher mit weitreichenden negativen Folgen für den Organismus.
Die Naturheilkunde bringt eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen mit einer Übersäuerung in Verbindung. Hierzu zählen chronisch entzündliche Erkrankungen, Gefäßerkrankungen, ein schwaches Immunsystem, chronische Erschöpfung, Hauterkrankungen, Verdauungsstörungen, Diabetes und sogar Krebs.
Aber auch zu viele Basen an der falschen Stelle können schädlich sein. So kann es durch die Einnahme von bikarbonathaltigen Basenpulvern zum Säuremangel im Magen und zur Schädigung der Darmflora kommen.
Bikarbonate neutralisieren Magensäure und schaden Darmflora
Das Problem mit vielen Basenbildnern ist, dass sie zum einen die Magensäure neutralisieren und zum anderen für ein zu basisches Darmmilieu sorgen. Problematisch ist hier die Einnahme von Bikarbonaten (wie Natriumbikarbonat/ Backpulver oder Calciumcarbonat). Im Magen kann die Reduzierung der Säure zu Problemen bei der Eiweißspaltung und zu Magenschmerzen führen. Im Darm entstehen vermehrt Fäulnisprozesse bei denen das giftige und zusätzlich alkalische Ammoniak entsteht. Das kann besonders problematisch sein, wenn man sich sehr eiweißreich (Low-Carb, Paleo-Diät) ernährt.
Gesunder Darm ist leicht sauer
Das gesunde Darmmilieu ist leicht sauer und sollte einen pH von 6-6,5 aufweisen. Durch Ernährungsfehler, dem Verzehr von Konservierungsmitteln und die Einnahme von Antibiotika leiden viele Menschen unter einem gestörten Mikrobiom. Fehlt es an physiologischen Milchsäurebakterien steigt oft auch der ph-Wert des Darmes auf 7 und mehr. Dann siedeln sich vermehrt krankhafte Keime an, die zu Entzündungen und Schäden der Darmschleimhaut führen.
Neben Magen-Darm-Problemen wird so auf Dauer die Barrierefunktion der Darmschleimhaut gestört (Leaky-gut-Syndrom) und es werden vermehrt Nahrungsmittelantigene und Toxine in die Blutbahn aufgenommen. In Folge dessen kommt es zu Nahrungsunverträglichkeiten und zum Aufflammen von chronischen Entzündungsherden in anderen Bereichen des Körpers.
Außerdem wird das hochgiftige Ammoniak im basischen Darm vermehrt resorbiert und weniger direkt ausgeschieden. Das überlastet zunächst die Leber, die das vermehrt anfallende Ammoniak zu Harnstoff abbauen muss. Kann das überschüssige Ammoniak nicht vollständig abgebaut werden, gelangt es zunehmend in den Körperkreislauf und führt zu vermehrten Vergiftungserscheinungen.
In einem leicht säuerlichen Darm fühlen sich die natürlichen Milchsäurebakterien am wohlsten und sorgen für eine gesunde physiologische Darmflora. Die gesunde Darmflora trainiert das Immunsystem, bildet verschiedene Vitamine, kurzkettige Fettsäuren und unterstützt die Nährstoffresorption.
Ammoniak ähnlich schädlich wie Schwermetalle
Ein ungesundes Darmmilieu führt also zu einer vermehrten Ammoniakbelastung. Ein Anstieg des Ammoniak im Körper kann zu Vergiftungssymptomen führen, die denen einer Schwermetallbelastung ähneln. In beiden Fällen werden die Mitochondrien der Zellen geschädigt. Ammoniak hemmt die Energiegewinnung, indem es alpha-Ketoglutarat aus dem Zitronensäurezyklus entfernt. Die Folgen sind ständige Schlappheit, Müdigkeit und Energielosigkeit. Außerdem werden Kohlenhydrate und Fette nicht mehr ausreichend verbrannt und es kommt zur Gewichtszunahme. Gelangt Ammoniak vermehrt ins Nervensystem, entstehen neurologische Symptome.
Durch die Überlastung der Entgiftungsmechanismen der Zellen können verschiedenste Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. Leichte neurologische Symptome wie Kopfschmerzen und verwirrtes Denken werden oft noch als harmlos abgetan. Mit der Zeit entstehen allerdings schwerwiegendere neurologische Probleme wie Koordinationsstörungen, Gangunsicherheit, Wortfindungsstörungen, Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses, Artikulationsstörungen und so weiter. Bei bestehender Veranlagung können auch Krankheiten wie Multiple Sklerose zum Ausbruch kommen oder über Jahre schwerwiegende Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson begünstigt werden.
Hochdosierte rechtsdrehende Milchsäure (4-6 g/ Tag) fördert die Ausscheidung von Ammoniak, säuert den Darm an und bildet die krebszerstörende Buttersäure (Butyrat). Die Einnahme von Basenpulvern auf Citronensäurebasis mit Kalium-, Magnesium- und Kalziumcitrat, ergänzt durch die Einnahme von Chlorella-Algen, unterstützt die positive Wirkung.
Basenpulver auf Basis von Citraten
Citrat ist das basische Salz der Zitronensäure. Der große Vorteil von Citraten gegenüber den Bikarbonaten ist der, dass sie weder die Magensäure neutralisieren noch das Darmmilieu alkalisieren. Im Gewebe entfalten sie jedoch ihre Wirkung und tragen dort zur Entsäuerung bei. Citrate werden direkt in die Mitochondrien aufgenommen und werden dort gegen drei Säureeinheiten ausgetauscht.
In Kombination mit rechtsdrehender Milchsäure regenerieren sie den Energiestoffwechsel. Rechtdrehende Milchsäure neutralisiert die schädliche linksdrehende Milchsäure und giftiges Ammoniak. Dadurch werden Schäden am Mitochondrium verhindert. Zudem regen Citrate den Energiestoffwechsel in den Mitochondrien an.
Rechtsdrehende Milchsäure säuert den Darm an
Rechtsdrehende Milchsäure (L-Milchsäure) säuert den Darm an und kann zudem von Darmbakterien in Buttersäure (Butyrat) umgewandelt werden. Butyrat wirkt krebspräventiv und hilft bei Darmerkrankungen. Buttersäure – eine kurzkettige Fettsäure – ist außerdem ein wichtiger Energiegeber für die Darmzellen und schützt ihn vor Entzündungen. So wird rechtsdrehende Milchsäure auch hochdosiert in der ganzheitlichen Krebstherapie eingesetzt.
Die Drehung der Milchsäure ist entscheidend. So ist die linksdrehende Milchsäure (D-Milchsäure/ R-Milchsäure) ähnlich neurotoxisch wie Ammoniak. Bei einer Darmdysbiose – krankhafte Keime verdrängen die physiologische Flora – werden beide Stoffe vermehrt gebildet, zu Lasten des Organismus (Gailand, 2014).
Basisches Milieu unterstützt Entgiftung
Der erste Schritt einer Entgiftung sollte stets eine Entsäuerung sein. Durch die Gabe von Basenbildern werden nicht nur überschüssige Säuren aus dem Gewebe gelöst, sondern auch ein Milieu geschaffen, in dem Giftstoffe besser abtransportiert werden können.
Bei einer Schwermetallentgiftung mit Chelatbildnern sollten unbedingt basische Mineralien gegeben werden. Nur in einem alkalischen Milieu in der Niere bleiben die Schwermetalle fest an die Chelatbildner gebunden und können dann mit dem Urin rausgefiltert und ausgeschieden werden. Ist das Milieu in den Nieren zu sauer, besteht die Gefahr dass die Giftstoffe in den Nieren hängen bleiben und das Nierenparenchym schädigen.
Fazit
Die kombinierte Einnahme von rechtsdrehender Milchsäure und citrathaltigen Basenpulvern bildet eine sinnvolle Nahrungsergänzung. In meinem Therapiemodell gehört sie häufig zur Basis der Behandlung. Eine Entsäuerung des Gewebes ist angezeigt, wenn der Mensch sich jahrelang mit der stark säurebildenden typischen westlichen Ernährung (viel Fleisch, schlechte Fette, viele Milchprodukte, zu viel Weißbrot und Zucker) ernährt hat. Bei den allermeisten meiner Patienten finde ich Dysbiosen, also eine gestörte Darmflora. Rechtsdrehende Milchsäure kann ein guter Anfang sein, um den Darm wieder in Ordnung zu bringen.
Die Idee mit den Basenpulvern an sich ist also sehr wertvoll. Jedoch ist die Zusammensetzung entscheidend, wenn man den Körper mit all seinen Organen im tiefsten Sinne ganzheitlich behandeln möchte.
Quelle:
Gailand: The gut microbiome and the brain. J Med Food. 2014 Dec;17(12):1261-72. doi: 10.1089/jmf.2014.7000. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25402818
Jehle et al: Effect of potassium citrate on bone density, microarchitecture, and fracture risk in healthy older adults without osteoporosis: a randomized controlled trial. J Clin Endocrinol Metab. 2013 Jan;98(1):207-17. doi: 10.1210/jc.2012-3099. Epub 2012 Nov 15. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23162100
Jehle et al: Partial neutralization of the acidogenic Western diet with potassium citrate increases bone mass in postmenopausal women with osteopenia. J Am Soc Nephrol. 2006 Nov;17(11):3213-22. Epub 2006 Oct 11. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17035614
Maalouf et al: Hypercalciuria associated with high dietary protein intake is not due to acid load. J Clin Endocrinol Metab. 2011 Dec;96(12):3733-40. doi: 10.1210/jc.2011-1531. Epub 2011 Oct 5. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21976719
Mutter: Gesund statt chronisch krank. Fit für´s Leben Verlag. 2014
9 thoughts on “Wann Basenpulver schaden und welche helfen”
Ich bin froh diesen Artikel gefunden zu haben. Danke dafür! Aber haben Zitronensäure, Essigsäure (Apfelessig), Ascorbinsäure und sogar Aminosäuren (z.B. in Pulverform) nicht den gleichen Effekt, wenn man sie Basenpulvern beimischt? Schließlich geht es ja nur um das ansäuern..
Zitronensäure und Apfelessig ja, Ascorbinsäure nein, daher wird sie oft mit Mineralstoffen gespuffert. Die Aminosäuren Lysin, Arginin und Histidin wirken basisch.
Hallo Herr Clemens,
vielen Dank für Ihre Arbeit! Ist es möglich/sinnvoll die Bicarbonat-Lösung für Infusionen auch intramuskulär selbst zu spritzen? Wäre das auch z.B. mit dem Myers-Cocktail und ähnlichen Lösungen möglich?
Hallo,
meine Frage bezieht sich auf die Menge an rechtsdrehender Milchsäure (4-6 g/ Tag), die Sie empfehlen.
Die entsprechenden Produkte mit rechtsdrehender Milchsäure, die ich im Internet finde (s. Beispiel unten), enthalten sehr viel weniger rechtsdrehende Milchsäure. Mit welchen Produkten schafft man es denn, sich soviel rechtsdrehende Milchsäure zuzuführen?
Beispiel: Produktinformationen “Rechtsdrehende Milchsäure (RMS) – 100 ml”
Rechtsdrehende Milchsäure in flüssiger Form
Inhaltsstoffe pro 20 Tropfen pro 60 Tropfen
L(+) Milchsäure 256 mg 781 mg
Zutaten:
Wasser, L (+) Milchsäure.
viele Grüsse
Ich habe – vermutlich durch die Einnahme von Basenpulver – einen stark erhöhten Kaliumwert im Blut. Deshalb wurde mir dringend geraten, mit der Einnahme aufzuhören. Gibt es ein vernünftiges Basenpulver ohne Kalium?
Was mache ich, wenn ich die Citrate wegen einer Histamintoleranz nicht nehmen kann, aber die anderen Basenformen aufgrund mangelnder Magensäure zu Sodbrennen führen?
Eine Möglichkeit sind Baseninfusionen mit Bikarbonat, bei denen der Magen-Darm-Trakt umgangen wird.
Ansonsten eine möglichst basische Kost, also viel Gemüse, wenig Zucker und Weißbrot etc. essen.
Wenn der Stoffwechsel nicht mehr gut funktioniert, kommen nicht an alle Stellen des Körpers genügend Nährstoffe. Dadurch können sich Soffwechselabbauprodukte dort festsetzen und Krankheiten verursachen. Weil Toxine nicht durch Vitamine oder Antioxidantien vor Ort neutralisiert werden können, lagern sie sich im Bindegewebe ein ( z.B Orangenhaut, Hautprobleme, Tumore). Durch eine Verbesserung der Verdauung ( Pilze, Parasiten gesundes Milieu) und einer Zugabe von Mineralstoffen, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen und einer gesunden Ernährung mit Kokosöl kann kann dem Defizit entgegengewirkt werden.
Ein guter Einstieg ist die Einnahme eines pflanzenbasierten Bio Basenpulvers, das eine hohe Bioverfügbarkeit besitzt und rein natürlich ist. Außerdem besitzt es eine natürliche kräutermedizinische Wirksamkeit gegen Einflüsse, die die Verdauung negativ beeinträchtigen (z.B. Papaya, Kürbis, Oregano).
Und leider wird der Darm oft noch durch zugesetzte Füll- oder Produktionshilfstoffe (z.B. Trennmittel) belastet, die die Aufnahme der sinnvollen Mineralien erschweren oder gar verhindern.
Ganz neu und einzigartig ist dieses hier: http://www.powerfood.veluvia.biz/balance
Nur Natur, keine Zusatzstoffe, viel Citrate, kein Natriumhydrogencarbonat, in Deutschland hergestellt.